„Menschen, die bei uns Asyl suchen, haben auf der Flucht oft Schlimmes erlebt. Viele Helfer erfahren im Laufe ihres Einsatzes von lebensbedrohlichen Erlebnissen. Das kann sehr belastend sein“, so Anja Haverkock, Prozessmanagerin bei über Zaun und Grenze des Freiwilligenzentrums der Caritas. „Wir wollten die Grenzen thematisieren, an die Helfer gelangen können und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.“
Plötzliche Panikattacken, Angst und Misstrauen und eine negative Sicht auf die Welt sind typische Verhaltensauffälligkeiten nach traumatischen Erlebnissen. Auch Rücksichtslosigkeit, Aggressivität, Selbstzweifel bis hin zu Drogenkonsum, Depression und Selbstmordgedanken können ihre Ursache in durchlebten Extremsituationen haben. Bei Verdacht auf unbehandelte Traumata rät Cornelia Uhrig, referierende Theologin und Pädagogin aus Aschaffenburg, professionelle Unterstützung über die Hauptamtlichen in der Asylsozialberatung zu suchen. Bei Anzeichen von Selbstmordgefährdung müssen die zuständigen Sozialdienste benachrichtigt und im Notfall auch Kriseninterventionsdienste oder Polizei verständigt werden.
In weniger dramatischen Fällen hilft oft schon die Erkenntnis, dass das Verhalten des Asylsuchenden nichts mit der Person des Helfenden zu tun hat. Bittet z.B. ein Asylsuchender unabhängig voneinander gleich mehrere Helfer in derselben Angelegenheit um Hilfe, liegt es nicht automatisch daran, dass er die Kompetenz des Helfers anzweifelt, sondern viel eher daran, dass die Flucht in ihm ein tiefes Misstrauen gegenüber allem und jedem hinterlassen hat. Das Wissen um solche Hintergründe verschafft dem Helfer die nötige Distanz, um auch in schwierigen Situationen optimal zu unterstützen und gleichzeitig die Freude am Helfen zu bewahren.
Denn bei allem freiwilligen Einsatz für andere darf man nicht den Kontakt zu sich selbst verlieren, warnt Uhrig. Die Gefahr eines Burnouts ist groß. Jeder muss eine sensible Achtsamkeit für sich selbst entwickeln. Unruhe, Unbehagen, Schlaflosigkeit, Gereiztheit oder Rückzug können Symptome für die eignen Grenzen sein. Dann ist es wichtig, sich Pausen zu verschaffen und Abstand zu gewinnen oder sich gegebenenfalls ein anderes Engagementfeld zu suchen. Denn Helfen soll Freude machen!
„Frau Uhrig hat den Blick von den Alltagsproblemen in der Flüchtlingshilfe wieder auf das Wesentliche eines jeden Hilfsangebotes gerichtet“, resümierte Dorothea Hübner, Leiterin des Freiwilligenzentrums. „Aufrichtiges Interesse am Menschen und praktische Hilfe anbieten. Hilfe, die Spaß und Freude macht!“
Im Anschluss an den Vortrag kam es noch zum lebendigen Austausch mit den Ehrenamtlichen. Dabei tauchten immer wieder sprachliche und kulturelle Herausforderungen im Umgang zwischen Helfern und Flüchtlingen auf.
„Über Zaun und Grenze“ plant dazu im Februar und im März einen 3-teiligen Einführungskurs ins Arabische und den Vortrag „Deutsch trifft Nahen Osten“.
Interessierte können sich gern bei der Koordinierungsstelle im Freiwilligenzentrum informieren und anmelden.
Für Rückfragen kontaktieren Sie bitte Anja Haverkock, Prozessmanagerin „über Zaun und Grenze“, Telefon 09161/888936, E-Mail: haverkock@caritas-nea.de